Sonntag, 19. Februar 2012

Gehemdt


Heute wende ich mich wieder einmal hilfesuchend an meine Leser um 2 zentrale Fragen zur Kleidungsindustrie zu stellen:

1)    Was ist der tiefere Sinn hinter sämtlichen Schlauferln und Bändern, die sich in meinen Leiberln und Pullovern befinden?

Naiv ordnet der oberflächliche Käufer selbigen Schlauferln in einem ersten Schritt die Funktion „Erleichterung des Aufhängens im Kleiderschrank“ zu. Relativ rasch bemerkt allerdings selbst der talentierteste Puzzler unter uns, dass es schier unmöglich ist, das Gewand zuhause wieder so zu hängen, dass diese Schlaufen irgendwie Sinn machen. 

So bin ich selbst beispielsweise im Besitz eines Pullovers, der innen jeweils links und rechts vom Kragenausschnitt bei den Schultern eine Armband-große Schlaufe hat. Nach mehreren gescheiterten Aufhängversuchen nach dem Einkauf vermutete ich die Funktion der Schlaufen als „Trockenerleichterung nach einem Waschgang“. Innerlich triumphierend hängte ich den Pullover an den Schulter-Schlaufen auf und erfreute mich bereits am nächsten Tag an einem Pullover mit 2 riesigen Dellen auf den Schultern, die auch beim nächsten Waschgang nicht mehr weggingen. Stilbewusst setze ich seitdem einen Trend nach dem anderen.

Auch die Funktion des quer zum Halsausschnitt bei weiter ausgeschnittenen T-Shirts und Kleidern verlaufenden Bandes hinten blieb mir bisher verborgen. Ich persönlich nütze sie deswegen nur zur kurzfristigen Strangulation bei unbedachtem Einstieg in selbiges Kleidungsstück und zur komplexen Verhedderung von Unterwäsche und Strumpfhosen im Rahmen von Waschgängen.

2)    Wieso wird das in sämtlichen Kleidungsstücken befindliche Zetterl auf dem die Waschinformation ersichtlich ist immer fetter? 

Ich nenne Leiberl mein Eigen, die ein derart umfangreiches Zetterl innen hinten beim Kragen haben, dass die dabei entstehende Delle dem Glöckner von Notredame gleichkommt – gerade im Fasching besonders ansprechend. Da ich selbiges Phänomen auch bereits bei anderen beobachten konnte, stelle ich mir die Frage, ob es denn wirklich notwendig ist, wirklich so viel in ein Informationszetterl in einem Kleidungsstück hineinzuschreiben? 

Die mittlerweile regelrecht zu Reclam-Heften mutierten Zetterln erfreuen Käufer auf der ganzen Welt. In Zeiten einer schwachen Wirtschaft kann ich mir das immer-umfangreicher-Werden des Zetterls nur durch nette Unterstützung der Käufer durch das Einbauen literarischer Texte in Kleidungsstücke erklären. So kann man nun nicht nur zwischen rot und blau sondern auch zwischen „Nathan der Weise“, „die Knickerbockerbande“ oder dem „Bildreiseführer Gramatneusiedl“ wählen.

Bei mir tun sich mehrere Fragen auf:

-       Wozu derartig viel Informationen? 

-       Gibt es irgendwo auf der Welt jemanden, der am durch abgeschnittene Informationszettel in Kleidungsstücken erzeugten Juckreiz anderer Menschen Belustigung findet? 

-       Sind Menschen wirklich nicht intelligent genug, ohne fremde Hilfe die Tätigkeiten „essen“, „bei 30°C waschen“ und „den Garten umgraben“ den Gegenständen Butterbrot, langärmeliges H&M-Leiberl und Gartenkralle fehlerfrei zuzuordnen?  

Ich habe so meine Zweifel…

© Eiki