Sonntag, 27. Februar 2011

Männerschals - oder - Indianer weinen nicht

Aus gegebenem Anlass wende ich mich hilfesuchend an meine Leser. Wir alle kennen Modewellen, die in Summe ein einziger modischer Fauxpas sind. Ich zum Beispiel erinnere mich nur zu gut an die von unzähligen Frauen getragenen Ballonkleider und -oberteile vergangener Jahre, die nicht nur in Sekunden zu einer Gewichtszunahme von 15kg führten, sondern auch die optisch-schwanger-Wirkenden-Rate vervielfachten. (Meinungen, ob diese Oberteile Schuld an der gestiegenen Geburtenrate bei unter 16-Jährigen sind, gehen auseinander.)

Momentan stehe ich jedoch einem anderen Problem gegenüber: den Männerschals. Es gibt sie – angepasst an ihre modebewussten Träger – in dick und dünn, lang und kurz. In allen Farben und Mustern, aus Baumwolle und Kunstfaser und für unsere elitäreren Freunde ist auch immer etwas in Seide und Kaschmir dabei. Und sogar alle sich sonst jeglichem Modehype entziehenden Zeitgenossen sind fröhlich mit von der Partie. 

Da zumeist nur als ein schmaler Stofffetzen um einen unrasierten Hals gewickelt, stelle ich mir mehr als berechtigt die Frage: WOZU? Nicht nur bringt es ja wirklich wärmetechnisch nichts sich einen aalförmigen Fetzen um den Hals zu wickeln (der nur in Ausnahmefällen zum Oberteil geschweige denn zum Träger passt), auch ist die sonstige Funktionalität äußerst eingeschränkt. Beispielhaft seien hier das ständige Hängenbleiben an irgendwelchen Damenhandtaschen und Türschnallen, steigender Juckreiz und forcierte Schweißbildung im Halsbereich sowie das Einzwicken im Zippverschluss beim Jacke zumachen genannt. Und dennoch: Männerschals werden immer mehr und der Zulauf scheint gar nie mehr enden zu wollen! 

Deswegen hier, liebe Männer, mein Plädoyer: Reißt‘s euch zam!! Wo sind die Männer, die ohne Kopfbedeckung, handschuhlos und mit geöffneter Jacke auf die Straßenbahn warten, während ein Schneesturm weht? Wo sind die Männer, die sobald die ersten Plusgrade zu vermerken sind, schon in kurzer Hose joggen und Radfahren gehen? Wo sind die Männer, die noch im Spätherbst im Ruderleiberl den Müll runterbringen (hier scheitert es mittlerweile auch am Ruderleiberl, nicht nur am Müll runterbringen)? Und wo sind die Männer die hilfesuchenden Frauen bei eingeschalteter Klimaanlage in Lokalen ihre Jacke anbieten? Wo seid ihr???

Gibt es auf dieser Welt auch noch Männer, die sich nicht in einem total überheizten Lokal mit einem Kaschmir-Tücherl vor einer Halsentzündung bewahren wollen? Glaubt ihr, dass Frauen euch in Zukunft ihre Weste anbieten, wenn ihr wieder einmal beim in der Sonne sitzen zu frieren beginnt? Und bildet ihr euch wirklich ein, dass ein bügelfreies Stofffetzerl im Knitter-Look euch den erhofften Aufriss verschaffen wird? 

Die Antwort ist nämlich: Nein.

© Eiki