Samstag, 19. März 2011

un-sich-er

Bis vor ein paar Jahren freuten wir Wiener uns noch, wenn etwas Schönes passierte. Wir ärgerten uns aber auch, wenn etwas nicht so funktionierte, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir riefen uns gerne an, trafen uns miteinander, sahen uns Filme gemeinsam an, beneideten und liebten uns. Heute ist das alles anders und wir erinnern uns nur mehr durch altmodische Filme und Bücher an diese Zeit.

Heute treffen wir sich lieber. Wir unterhalten sich und gehen sich mit unseren Problemen auf die Nerven. Trotzdem lieben wir sich noch und erhoffen sich nur das Beste. Wir schauen sich gemeinsam DVDs an, sehen sich regelmäßig und freuen sich dann aber auch, wenn wir dann wieder alleine sind. Und wir unterhalten sich gerne und steigern sich da so rein, dass wir sich gar nicht mehr vorstellen können, wie wir sich früher nur ohne „sich“ verständigt haben.

Allein am heutigen Tag durfte ich diesem Phänomen 3x beiwohnen, hier ein kleines Schmankerl daraus.

Unterhaltung eines jungen Mannes mit seinem gleichaltrigen Bekannten in einem Geschäft an der Mariahilferstraße.

Er 1: „Na, serwas, herst, is ja ur leiwand, dass ma sich sehn!“
Er 2: „Voll, oida, hamma sich ja scho ur lang nimma gsehn!“
(Kurze Pause zur Spannungssteigerung)
Er 1: „Spielst du nimma Fußball? Lisi und ich ham sich e erst gestern darüber gwundert, dass ma sich nie am Platz troffen ham!“
Er 2: „Na herst ich spiel e noch, wir seh‘n sich nur nie, weil sich Patrick und ich verletzt ham!“
Er 1: „Oida, ur oag! Na dann treff ma sich so einfach mal! Geh ma sich an Film anschaun oder hol ma sich was zum Essen oder so.“
Er 2: „Na, herst geht grad nicht. Wir können sich jez nicht treffn. Ich muss lernen, hab bald Deutsch Matura…“

Na, da freuen wir sich aber schon auf die Note!

© Eiki