Bei solch
Temperaturen ist die Schanigarten-Saison ja mehr als eröffnet. Höchst an der
Zeit – gerade in einer Wirtshauskultur wie der Österreichischen – daher, ein
paar Worte zur oft viel zu kurz
kommenden Berufsgruppe der Kellner zu verlieren. Dankenswerterweise sind ja
nicht alle einer der Kategorien zuzuordnen. Und Zuckerschlecken ist ihr
Berufsleben vermutlich auch nicht. Umso wesentlicher die Spreu vom Weizen zu
trennen…
Der Verwirrte: als Parade-Exemplar der PISA-Studie
und sämtlicher Forschungen zum Thema Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom gelingt es
dem Verwirrten gekonnt nicht nur Bestellungen zu vergessen oder gänzlich
falsche Dinge zu bringen. Ein weit verbreitetes Phänomen ist auch das
Unvermögen eine banale Addition im Rahmen des Bezahlens durchzuführen. Zuletzt
wartete ich mit einem gut unter dem Tisch versteckten 5€ Schein gar mehrminütig
gebannt auf das Ergebnis von 1,60 und 3,40. Warum gerade unter Jung-Kellnern die
Verwirrten so weit verbreitet seien, lässt sich vor allem darauf zurückführen,
dass man mit der Taktik nicht alt wird. Zumindest nicht als Kellner. Und bitte
auch nicht bei meinem Merkur an der Kassa. Bitte!
Der Gemütliche: mit einem gemächlichen Schlendrian nähert
er sich dem Tisch um nach gefühlten drei Stunden die Bestellung schließlich in
Roman-Form niedergeschrieben zu haben. So ist es keine Seltenheit, dass die
Aufzeichnung von zwei weißen Spritzern und einem Cola Light eine längere
Mitschrift ergibt als 2h Lehrveranstaltung „Systemische Betrachtung der
Integrierten Kommunikation“. Kurz nachdem auf den Extremitäten des Gastes bereits
erste Austrocknungserscheinungen sichtbar werden, kann selbiger schließlich
auch mit dem ersten Getränk rechnen. Das Essen wird zudem grundsätzlich erst
serviert, wenn jeder am Tisch schon mit leicht kannibalischen Anwandlungen
seine Mitmenschen begutachtet. Bitte gehen Sie mit Sonderwünschen sparsam um!
Ihren extra heißen Bio-Cappuccino mit zart geschäumter Light-Soja-Milch wird’s
hier in den nächsten 14 Tagen nicht spielen...
Der Umschütter: Dem Namen mehr als gerecht werdend
neigt der Umschütter zum Verteilen von ess- und trinkbaren Köstlichkeiten auf
Tisch, Boden und Kleidung diverser Gäste. Gerade in Momenten wo man es
mit einem weißen Hemd still triumphierend geschafft hat, Spaghetti Bolognese
mit Kernöl Salat fleckfrei zu konsumieren, schlägt er mit der Naschspeise
eiskalt zu. Und lasst uns ehrlich sein: wer freut sich nicht über etwas
Schokosoße im Bauchnabel? Besonders interessant ist außerdem die Tatsache, dass
gerade das Tragen von hellen T-Shirts direkt proportional zur
Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Umschütters ist. Ich persönliche habe
ja schon Momente in Lokalen erlebt, die zweifellos zum Sieg beim
Wet-T-Shirt-Contest geführt hätten.
Der Wiener: Der zumeist in älteren Kaffeehäusern
tätige Wiener wird seinem Namen insofern gerecht, als er einem bei jeder
Bestellung, ja zumeist schon beim Betreten des Lokales, das Gefühl vermittelt, einen
unmöglichen Aufwand zu bereiten. So wird schon ein kleines Soda Zitrone mit
einem erschöpften Schnaufen zur Kenntnis genommen, die Frittatensuppe mit einem
grantigen Zähneknirschen am Tisch platziert und Sonderwünsche mit einem
verächtlichen Kopfschütteln quittiert. Nach einer schier endlosen Tragödie des
Leidens und Durchhaltens hat der Wiener es schließlich geschafft: der Gast will
gehen. Die Rechnung wird dankbar schnaubend auf den Tisch gefetzt. Aber Gnade
dem, der auf das wohlverdiente Trinkgeld vergisst…
© Eiki