Samstag, 27. August 2011

Wienerisch für Anfänger VI


Auch im Sommer möchte ich meine wissbegierigen Schüler keinesfalls vernachlässigen oder auf die Weiterbildung im Wienerischen verzichten. Heute widmen wir uns wieder drei sowohl bei Sympathie wie auch Höflichkeit stark ausgeprägten Äußerungen, die im Alltag unerlässlich sind.


Moch da ned ins Hemd:
Diese zumeist nur eingeschränkt freundlich gemeinte Aussage, ist auch für Wienerisch-Anfänger durch Übersetzung ins Hochdeutsche relativ leicht verständlich. Trotzdem soll sie hier aufgrund der tieferen Bedeutung genauer erläutert werden. Die Aufforderung, sich nicht ins Hemd zu machen, kann grundsätzlich auch von einem selbst als wünschenswert erachtet werden. Der wortgewandte Wiener möchte Sie aber damit nicht nur darauf hinweisen, dass das Urnieren in Kleidungsstücke unterlassen werden soll, sondern stellt gekonnt ihr Ego in Frage. Mit einem gut platzierten „geh, moch da ned ins Hemd“ oder alternativ „scheiß di ned o“ wurden nämlich schon einige Menschen dazu gebracht, Dinge zu tun, die sie nicht vor hatten. Hier ist allenfalls Vorsicht geboten.


Hob i scho gfressn:
Oberflächlich könnte man hier eine völlig harmlose Aussage vermuten, insbesondere bei der hochdeutschen Übersetzung „habe ich schon gefressen“. Glauben Sie aber ja nicht, ein Wiener möchte Ihnen mitteilen, dass er schon gespeist habe! Mit „hob i scho gfressen“ soll nämlich einmal mehr Unmut zum Ausdruck gebracht werden. Wenn ein Wiener zu einem gewissen Thema „scho gfressn hod“ dann regt ihn selbiges stark auf. Als empfehlenswerte Verhaltensweise hat sich herauskristallisiert, das Gesprächsthema zu wechseln. Im Falle der Unmöglichkeit ist dem Wiener sofort beizupflichten um eine Wendung der Aggression auf einen selbst zu vermeiden. 


Derrisch in da Bappn:
Zugegebenermaßen war auch mir diese Äußerung zuvor nicht geläufig, aufgrund ihres Charmes, sah ich mich aber verpflichtet diesen Tipp eines Lesers aber jedenfalls in den Wienerisch-Kurs aufzunehmen. „Derrisch in da Bappn“ weist zahlreiche Wortumwandlungen auf und entspricht dem Hochdeutschen „taub im Mund“. Der naive Leser ordnet dieser Aussage nun eventuell einfach ein Taubheitsgefühl im Mundbereich zu, womit er daneben liegt. In Wahrheit handelt es sich dabei um die Beschreibung, dass jemand keinen Geschmack hat. So wären Anti-Schnitzel-Esser für Wiener beispielsweise „ur derrisch in da Bappn“. Dankenswerterweise kann auch diese Äußerung breit angewandt werden und damit jeglicher Fehltritt (sei es beim Essen, der Kleidung oder sonst wo) geächtet werden. Besonders beliebt ist es auch, Menschen, die keinen Alkohol mögen – für den gemeinen Wiener völlig unfasslich – als „bappnderrisch“ zu bezeichnen. Höflich vom Feinsten.


Sie sehen, auch ich lerne in diesem Kurs laufend dazu. Und wenn auch Sie eine interessante wienerische Äußerung haben, die der Menschheit, ja, zumindest aber diesem Leserkreis, nicht vorenthalten werden sollte, so bitte ich um Zusendung auf eiki@unfasslich.at. Weil ganz ehrlich, dass ich mir immer alles selbst ausdenken muss, da hob i scho gfressn.


© Eiki

Sonntag, 21. August 2011

Bitte lächeln!


Ich finde, Fotos sind etwas Schönes und es ist gut, Momente festzuhalten. Aber es gibt Grenzen. 

Die Strapazen des Fotografiert-Werdens kennen wir ja. 08/15-Grinser aufgesetzt, das Beste hoffen, Kamera geht nicht, Gesicht schläft ein, Haltung schmerzt und wenn‘s dann blitzt sind genau die Augen zu. Unangenehm, aber was willst machen. 

Viel schlimmer finde ich aber, was einige Menschen in ihrer Freizeit und im Urlaub betreiben. Der Sonnenuntergang wird so oft abgelichtet, dass man bereits ein ansprechendes Daumenkino zu Stande bringen würde. Zur Sicherheit wird das gerade am Auto vorbeigelaufene Eichhörnchen 17x fotografiert, so besondere und seltene Tiere sind das aber sicherlich wert. Jedes Essen im Restaurant wird festgehalten und wie zuletzt beobachtet, ist auch das fehlende Klopapier am Raststations-WC einen Schnappschuss wert.

Fotografieren ist mittlerweile eine mit Urlauben fast unumgänglich verbundene Tätigkeit – und das nicht nur unter Japanern. So verbringt man wertvolle Urlaubsstunden damit, den Moment möglichst real abzubilden, damit man dann zuhause allen – egal ob es sie interessiert – zeigen kann, wie toll es nicht war. Die Grenze zum Wahnsinn verschwimmt oftmals. Da ich aber Großteils ein Vertreter der „jeder, wie er glaubt“-Auffassung bin, schienen mir Menschen, die alles ständig fotografieren müssen, als erträglich und eigentlich e arm. Aber nun wird es mir langsam zu viel.

Bei immer mehr Sehenswürdigkeiten kommt man als Tourist nun zum Handkuss und muss, bevor man rein steigt / rauf geht / mit fährt, etc. ein Foto machen. Selbiges kann man dann beim Verlassen um umgerechnet ca. 20€ erstehen. So wurde ich gestern beim Betreten einer Seilbahn zwangsbeglückt und um meinen Standard-Grinser gebeten. Hätte ich das Foto gekauft, könnte ich mich jetzt immer daran erinnern, dass ich beim Einsteigen in die Seilbahn kurz beim Blitzen die Augen zu hatte. Schade. 

Zuletzt wurde ich in einer Achterbahn gemeinsam mit meinen Mitfahrern beim Start fotografiert. Dass die Bahn mit 100km/h wegfuhr und sich daher bei allen Gästen Haare, Kleidung, Gesichtshaut und Lider nach hinten verschoben und man am Foto durchaus Ähnlichkeit mit Michael Jackson (Gott habe ihn selig) aufwies, sei nur am Rande angemerkt. 

Auch beim abendlichen Ausgehen ist es mittlerweile Gang und Gebe ständig gefragt zu werden, ob man ein Foto will. Aber sind wir uns doch ehrlich: wenn ein Abend schön war, erinnern wir uns gerne daran. Wenn wir uns aber – warum auch immer – nicht mehr soo gut daran erinnern können, dann sind wir doch hin und wieder gar nicht so unglücklich, wenn es ein Foto auch nicht tut, oder? 

© Eiki

Donnerstag, 18. August 2011

Anleitung zum Nie-Wiedersehen


Wer kennt es nicht: man ist gerade mit der U-Bahn unterwegs oder spaziert irgendwo oder sitzt abends gemütlich in einem Restaurant, als man plötzlich von einer Person angesprochen wird, die man kennt. Ein alter Bekannter, seit Jahren nicht mehr gesehen. Beiden war es scheinbar wurscht, sonst hätte man ja etwas daran geändert. 


Oftmals hat man die andere Person sogar schon längst gesehen und erkannt, doch im Stillen noch gehofft, unerkannt zu bleiben. Sich hinter vorgehaltener Hand versteckend oder intensiv in die andere Richtung starrend oder sich telefonierend stellend, versucht man so Einiges, um diesem Gespräch zu entrinnen. Oft ist es aber zu spät. 


Man wurde entdeckt und es heißt: Small Talk vom Feinsten betreiben. Im schlimmsten Fall, ist der andere allerdings an einer Fortsetzung der Unterhaltung interessiert und gibt leichtsinnig Dinge wie „Geh ma doch mal auf an Kaffee!“ oder Ähnliches von sich. Während man sich selbst aber innerlich das rasche Ende der Unterhaltung herbeisehnt, passiert es. Man sagt das, was Österreicher gerne einmal sagen, um sich nie mehr wieder zu sehen: „Ruf ma uns einfach zam!“.


Mit einem gut platzierten „Ruf ma uns mal zam!“ kann nämlich oberflächlich in Perfektion vorgetäuscht werden, an einem Treffen hoch interessiert zu sein, das man eigentlich tunlichst vermeiden möchte. Weil: e schon so viel um die Ohren, mit DEM sicher nicht, was red ich denn dann mit DER?, etc…


Ist es für das Gegenüber ebenso und ein Treffen ist ohnehin von beiden Seiten her unerwünscht, dann wird man ein freudig erregtes Nicken und begeisterte Zustimmung für das „sich zusammen Rufen“ ernten. Für den seltenen Fall, dass die andere Person aber ernsthalt an einem Treffen interessiert ist und beispielsweise mit: „Na wann hast denn du mal Zeit?“ reagiert, gibt es freilich die jeglichen Kontakt vernichtende Möglichkeit „das wird sich schon ergeben“ oder die Wiener-Lösung „schau ma mal“.


Und sollte das immer noch nicht reichen, dann fügen Sie bitte einfach an: „Ich meld mich“.


© Eiki

Sonntag, 14. August 2011

Mosquito United


Dem aufmerksamen Leser ist sicherlich nicht entgangen, dass ich mich des Öfteren mit menschlichen Problembereichen beschäftige. Um einen Ausgleich zu finden, möchte ich diese Geschichte einem stark verunglimpften Tier widmen: der Gelse. 

Bei Menschen und auch den meisten Tieren nicht sehr beliebt, haben es Gelsen nicht leicht im Leben. Die Weibchen klein und durstig nach Blut. Die Männchen groß wie Weberknechte und nicht nur für zart besaitete Frauen ein Schrecken. Doch da Tierschützer ja auch oberflächlich wertbefreite Zeitgenossen wie die Gelsen schützen, versuche ich Ihnen in der Folge aufzuzeigen, warum gerade diese Tierart so besonders schützenswert ist.

Vorteil 1: Blutspenden leicht gemacht. Wer immer schon mal etwas fürs gute Karma tun wollte und vielleicht fürs Blutspenden aufgrund schlechter Blutwerte (zvü Spritzer und Tschick) nicht geeignet ist, kommt nun endlich zum Zug. Gelsen sind nämlich nicht so wählerisch wie Krankenhäuser und jeder, der Adern besitzt, wird als potentieller Blutspender auserkoren. Eine wie ich finde noble Eigenschaft.

Vorteil 2: Was würden wir ohne ansteckende Krankheiten tun?  Stechmücken machen viele Krankheitsübertragungen erst möglich und  sorgen damit für Arbeitsplätze im medizinischen Bereich, in der Krankenbett-Herstellung, bei Apotheken und Pharmakonzernen.

Vorteil 3: Sagen Sie „ade“ zu langweiligen ruhigen Nächten! Durch die Gelse durchfährt ein mehr oder weniger sanftes Surren Ihr Schlafgemach und hilft damit für abwechslungsreiche Schlafstunden und ein Dolby-Surround-Erlebnis, das immer neue Überraschungen liefert. 

Vorteil 4: Auch langatmige sommerliche Grillabende mit Freunden in der Nähe von Gewässern werden durch gemeinschaftliches Gelsen-Vernichten aufgelockert. So bietet sich auch die Möglichkeit, Leuten, denen man immer schon einmal die Meinung sagen wollte, unter dem Vorwand des Gelsen-Zerschlagens eine rein zu hauen! Nicht nur für Gewalttätige ein gefundenes Fressen. 

Vorteil 5: Weiße Wände sind Schnee von gestern. Durch gezieltes Zerkleschen von Gelsen an unterschiedlichen Bereichen der Wand kann ein farbenfroher Touch in die Wohnung gebracht werden. Nitsch muss sich demnächst warm anziehen, wenn mehr Leute diese Art der Kunst für sich entdecken. 

Vorteil 6: Gelsensprays vertuschen Schweißgeruch! Als olfaktorisches Erlebnis der Sonderklasse kann man so getrost auf Deos verzichten und seinen Partner ab jetzt mit Autan erfreuen. (Anmerkung am Rande: geht nur, wenn der Partner keine Gelse ist – außer, man will ihn e loswerden).

Für mich persönlich haben Gelsen ja noch einen weiteren Vorteil: sie übertragen Malaria. Hier in Südafrika nehme ich daher derzeit Medikamente, die präventiv wirken sollen und die angenehme Nebenerscheinung haben, dass sie für interessante Träume sorgen. Letzte Nacht erschien mir beispielsweise Miriam Weichselbraun als Lateinprofessorin.

Wer jetzt nicht von Gelsen überzeugt ist, ja, dem kann ich wirklich nicht helfen.

© Eiki

Donnerstag, 11. August 2011

Verstecken spielen


Jeder Frau ist dieses Wunder geläufig und auch Männer werden sich selbiger Tatsache immer mehr schmerzlich bewusst. Ich spreche von den unendlichen Weiten einiger Taschen, unter Experten ist vorrangig von der Damenhandtasche die Rede.

So ist es beispielsweise keine Seltenheit, dass Frauen unterschiedlichsten Alters minutenlang in der Kälte vor Haustüren verharren müssen, da ihre ungnädige Tasche ihnen das Auffinden des Schlüssels verweigert. Besonders beliebt ist dieses Verhalten von Taschen immer dann, wenn man entweder grad voll bepackt mit den Einkäufen zurückkehrt oder man aufs Klo muss sowie bei Minusgraden. Und da hilft auch kein Schlüsselanhänger!

Doch nicht nur bei Schlüsseln scheint dieses Phänomen zuzutreffen. Die Geldbörse ist direkt bei der Kassa nicht sofort auffindbar, der Knirps erst, wenn man bereits nasse Haare hat. Ja, sogar das Taschentuchpackerl, das man eben erst hinein gegeben hat, ist ab dem ersten herzhaften Niesen nicht mehr zu lokalisieren. Ganz besonders kritisch sind Sonnenbrillen, die immer erst nach Sonnenuntergang aufzutauchen scheinen sowie mit penetrantem Klingelton läutende Handys an öffentlichen Orten.

Dies gilt übrigens auch bei Rucksäcken und Reisetaschen, bei denen hinzu kommt, dass man genau das, was man zu unterst eingepackt hat, am ehesten braucht. Jeder, der wie ich längere Zeit mal aus dem Koffer gelebt hat, kann ein Liedchen davon singen.

So verbringen Frauen unzählige wertvolle Stunden ihres Lebens mit Taschenkramen. Da auch unter den weiblicher angehauchten Herren das Tragen von Taschen aus unerfindlichen Gründen beliebter wird, sehen sich selbige ebenso mit obigen Problemen konfrontiert. Taschen stellen immer mehr also frei nach dem Motto „keine Tasche ist zu klein, um nicht etwas darin zu verlieren“ quasi das Bermuda-Dreieck des kleinen Mannes (der kleinen Frau) dar.

Eins noch. Liebe Handtasche, bitte sei so lieb und gib mir den Autoschlüssel wieder. Ich muss jetzt echt los.

© Eiki

Freitag, 5. August 2011

Wo willst du hin?

Navigationsgeräte sollten uns eigentlich das Leben erleichtern. Dass sie dies oftmals nicht tun, ist ja mittlerweile eine gängige Tatsache. Der Besitz eines selbigen Gerätes rechtfertigt aber keinesfalls dümmliches Menschen-Verhalten. Ja, sollte man glauben...

Unfasslich aber wahr: es gibt tatsächlich Personen, die nach Anweisung ihres Navis die gesichterte Straße verlassen und ihr Auto in Flüsse und andere Gewässer sowie – erst kürzlich in der Wiener Innenstadt geschehen – eine Treppe hinunter fahren. Weiters steigt die Unfallgefahr drastisch an. Auch eine mir bekannte Person bog nach Navi-Kommando blauäugig links ab, obwohl eigentlich wer entgegen kam. Bedenklich und allenfalls auch etwas beängstigend.

Mir persönlich stellt sich ja die Frage, ob selbige Autobenützer ihren Führerschein in der Lotterie gewonnen haben. Zusätzlich steht die Frage, ob man sein Gehirn wirklich zwanghaft ausschalten muss, sobald das Navi auf „on“ ist, im Raum.

Ich befinde mich derzeit auf Roadtrip durch Südafrika – und glauben Sie mir, es gibt leichtere Unterfangen als hier seinen Weg zu finden. Mein Navi scheint offenbar am internationalen Navigationsgeräte-Wettbewerb teilzunehmen und kämpft um den Titel in den Kategorien „Für wieviel Verwirrung kann ich stiften?“ sowie „Meisterfundenste Straßen, die in der realen Welt nicht existieren“. Konkurrenzlos wird es weiters 100%ig Erster in der Kategorie „Eine Runde im Kreis hat noch niemandem geschadet“.

Da bei mir doch zumindest in einem geringen Maß Hausverstand vorhanden ist, konnte ich es aber bis jetzt vermeiden, rechts abzubiegen, wenn sich dort nur eine Hauswand, ein Acker oder – mein Favorit – ein 100m tiefer Bergabhang befand. Auch am lustigen Navi-Spiel „lieber Wenden und rechts abbiegen, als gleich links abbiegen“ habe ich meine Teilnahme verweigern können.

Mittlerweile feiere ich ja schon innerlich eine Party, wenn das Navi den Ort an dem ich mich befinde, grundsätzlich richtig zuordnen kann. Die Straße ist dabei gar nicht mehr so wichtig. So fahre ich nämlich – zumindest laut Navi – regelmäßig neben der Straße am Feld oder in Flüssen, statt auf der richtigen Straße.

Ich bete zu den Navigöttern, dass sie mir bald wieder hold sind. Die Methode „hoffen und der Sonne nachfahren“ ist auf Dauer nämlich etwas belastend. Ob man so manche technische Erfindung als Weiterentwicklung bezeichnen sollte, stelle ich stark in Frage...

© Eiki