Samstag, 25. Juni 2011

Wienerisch für Anfänger IV

Nach längerer Pause folgt nun die lang ersehnte 4. Einheit im Wienerischen. Heute wenden wir uns einem Spezialthema zu, nämlich der Fußbekleidung, die sonderbarererweise gerade in negativ angehauchten Floskeln gerne Verwendung findet. Neben der zweifellos existenten Verbindung zwischen Fußbekleidung und genereller Lebenseinstellung kann der fortgeschrittene Wiener also auch mit den Schuhen seine Abneigung zu anderen Menschen ausdrücken. Sehen Sie selbst. 

Hoid ‘n Schlapfn!: Diese vor allem im Hausmeister-Jargon geläufige Wiener Floskel, kann der gutgläubige Nicht-Wiener im ersten Moment als mehr oder weniger freundliche Bitte interpretieren. Leider muss ich Sie diesbezüglich enttäuschen. Man ersucht Sie nämlich nicht, kurz das zumeist gar nicht vorhandene Sandalen-ähnliche Schuhwerk zu halten. Viel mehr möchte der wortgewandte Wiener Prolet Sie um baldiges Verstummen bitten. Wenn es sich um eine prekäre Situation wie den Beginn eines Streitgespräches mit einem bereits 50m gegen den Wind nach Bier riechenden wienerischen Prachtexemplar  handelt, so rate ich Ihnen zusätzlich, sich nicht nur zeitnahe sondern auch flott zu entfernen. Was mich gleich zum zweiten Punkt bringt:

Moch an Schuach!: Bitte schauen Sie nicht verwirrt, wenn Ihnen ein Wiener mitteilt, dass Sie einen Schuh machen sollen. Der Herstellungsprozess von Fußbekleidung ist nämlich nicht gemeint. Hier soll das rasche Entfernen erwirkt werden, da dies dem zumeist verärgerten Sprecher Erleichterung verschaffen würde. Einen Schuh sollten Sie weiters im unter „hoid ‘n Schlapfn!“ beschriebenen Fall machen, insbesondere bei der anregenden Äußerung „hoid ‘n Schlapfn und moch an Schuach!“. So gewinnt der Nachname „Schuhmacher“ gerade in Wien eine völlig neue Bedeutung.

De Botschn streckn: Nicht zuletzt sei auch die Äußerung „de Botschn streckn“ erwähnt, die der generellen morbiden Neigung vieler Wiener entspricht. Teilt man Ihnen mit, dass jemand „de Botschn gstreckt hod“, so hat sich die erwähnte Person nicht durch Bein-Dehnung in eine entspanntere Lage gebracht. Letztere wurde (in den meisten Fällen) ganz ohne vorherige Bein-Dehnung erwirkt. Entspannter ist sie aber vermutlich schon. Hier handelt es sich um eine der unzähligen Möglichkeiten für Wiener, den Tod eines anderen Menschen mit einem hohen Wurschtigkeitsgrad zu kommentieren.

Zum Abschluss sei noch erwähnt, dass auch Kombinationen aller drei Äußerungen möglich sind, deren Interpretationsspielraum dadurch breit ist. Eines kann jedoch gesagt werden: bei einer „herst, oida, hoid ’n Schlapfn und moch an Schuach, sunst konnst de Botschn streckn“ – von sich gebenden Person handelt es sich nicht um einen Fußfetischisten, sondern vermutlich um jemanden, der mindestens einmal im Leben in einer ATV-Sendung mitspielen wird. Von einer Kontaktaufnahme ist nicht nur gerade deshalb allenfalls abzuraten. 

© Eiki

Montag, 13. Juni 2011

Menschen 10 - Autohelden


Dieser Blogeintrag ist all jenen Autofahrern gewidmet, die mich tagtäglich mit Vernunft, Selbstlosigkeit und sozialer Intelligenz begeistern. Für ihre größten Taten möchte ich nun endlich einmal „danke!“ sagen.

Autohelden Kategorie 1:
Die nächste Ampel ist nur noch 100m entfernt und wird gerade rot, ein rechtzeitiges Überqueren der Kreuzung ist für den herannahenden Autohelden im dunkelroten Poser-Auto daher nicht mehr möglich. Ich beginne daher, geschätzte 50m vor der Ampel, die Straße zu Fuß zu überqueren und hoffe auf rechtzeitiges Bremsen und Stehenbleiben des Autohelden. Nein nein! Viel lieber gibt er noch einmal Gas, um ein Überqueren meinerseits allenfalls zu verhindern und statt 50sek lieber 62,4sek bei der roten Ampel zu stehen. Lieber Autoheld der ersten Kategorie, danke, dass du nicht stehen geblieben bist und dann von der anderen Seite wieder so viele Autos kamen, dass ein Überqueren für mich in den nächsten Minuten nicht möglich war. Danke!

Autohelden Kategorie 2:
Ich sitze im Auto und möchte gerade vom Parkplatz eines Supermarktes hinaus auf die Straße fahren. Die Ausfahrt ist gleich bei der Ampel, welche gerade rot ist und bei der schon einige Autos stehen. Mit dem liebevollsten und freundlichsten Lächeln werfe ich einem Autofahrer im silbernen Schlitten einen hilfesuchenden Blick zu und hoffe, dass er mich sobald die Ampel grün wird in die Schlange hineinfahren lässt. Naiv naiv. Lieber fährt der Held mich keines Blickes würdigend sobald es grün wird mit viel zu viel Gas davon, sodass es mir nicht möglich ist, aus der Ausfahrt raus zu kommen. Danke, lieber Autoheld, dass du es mir erspart hast, in angemessener Zeit den Parkplatz des Supermarktes zu verlassen. Ich hoffe, es hat sich für dich ausgezahlt. Gute Fahrt!

Autohelden Kategorie 3:
Tatort Seitengasse im 14. Wiener Gemeindebezirk. Ich bin offiziell Rechtskommender, leider scheine ich mit dieser Erkenntnis dem von links kommenden Autohelden dritter Kategorie einen Schritt voraus zu sein. Lieber Autoheld, der du mir den Vorrang nahmst und dann mir einen Huscha deutend und wild hupend weiterfuhrst. Ich warte auf dich beim nächsten Nachrangschild und freue mich, dir meine Führerschein-Lern-CD zu borgen. Gerne auch für längere Zeit, falls notwendig. Viel Erfolg!

Autohelden Kategorie 4:
Zur Stoßzeit auf Hauptverkehrsstraßen unterwegs zu sein, kann mit einer gewissen Mühsamkeit und langem Warten verbunden sein. Ich bedanke mich allerdings bei allen Autohelden der Kategorie 4, dass sie für Abwechslung sorgen und mir die Fahrt mit sinnlosem Spurwechseln und Hineindrängeln versüßen. Wer freut sich nicht, sogar beim Staustehen noch auf von der Seite kommende Irre achten zu müssen, die versuchen ihr aufgemotztes Freundchen in Minilücken zu zwängen. Lieber Autoheld, es rentiert sich immer, im Stau 2 Autos weiter vorne zu stehen. Gutes Gelingen!

Danke, Leute! Bussi

© Eiki

Freitag, 10. Juni 2011

Das Pflanzen-Experiment - Teil 2

Nach weiteren ereignisreichen Tagen in der Forschung bin ich nun in der Lage, Sie über die Fortschritte meines hochbrisanten Pflanzen-Experimentes in Kenntnis zu setzen. Zur Erinnerung seien hier kurz noch einmal die Themenstellung sowie erste Ergebnisse aufgelistet.

Zentral im Vordergrund steht die Frage, ob man durch Umtopfen einer Pflanze in Tomatenerde auch wirklich Tomaten erhält. Dies konnte nach zweiwöchiger Erstbeobachtungsphase bis jetzt nicht bestätigt werden. Die Pflanze entwickelte zwar gelbe Bemmerl, aus denen im Laufe einer weiteren Woche sternförmige Zapferl wuchsen (Detailfotos siehe Teil 1), diese konnten einer bisher bekannten Tomatenart jedoch nicht zugeordnet werden.

Woche 3: Mutation
 

In Woche Nummer 3 kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus, schien doch eine erste Mutation stattzufinden. Die Pflanze begann nämlich dünne Fäden zu entwickeln, die sich am Ende zu Ringelschwänzchen formten.

Gebannt verfolgte ich die Entstehung und stellte mir still die Frage, ob es wohl beeinflusst durch die Tomatenerde zu einer seltenen Genmutation gekommen sei. Als am Ende der Woche bereits ein Ringelschwänzchen dritten Grades entstanden war, erhärtete sich meine Vermutung, dass nun statt Tomaten kleine Ferkeln auf der Staude wachsen würden.

Vorerst wollte ich mit dieser Sensation aber noch nicht an die Öffentlichkeit treten und konnte nur unter Ausübung von intellektueller Gewalt Dominik Heinzl und sein chilli-Team vom Eindringen ins Forschungsgebiet abbringen.

Woche 4: Technische Weiterentwicklung
Nach der erfolgsversprechenden dritten Woche war ich auf alles gefasst, doch die Pflanze erstaunte mich mit unglaublich hoher technischer Weiterentwicklung!

Nicht nur waren zahlreiche neue Ringelschwänzchen gewachsen, auch Telefonkabel-ähnliche Gebilde wuchsen erstmals aus der Pflanzenmitte. 

Zugegebenermaßen war dies im Zeitalter des Handys nicht mehr ganz aktuell, als Anfang zum technischen Umbruch jedoch keinesfalls zu verachten. Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, begann ich mich nach einem geeigneten Festnetzanbieter umzusehen und freute mich schon riesig auf mein erstes Telefonat. 

Wann es wohl so weit sein wird? Und ob die Ferkel auch telefonieren können?

Bleiben Sie am Ball!

© Eiki

Dienstag, 7. Juni 2011

Blink-Biep


Liebe Leute, ich gebe es zu. Ich war mir wirklich sicher, dass ich nun sämtliche Unpässlichkeiten der Wiener Linien durch hätte. Doch man belehrte mich eines Besseren.

Vor wenigen Wochen durfte ich nämlich erstmals das neue Blink-Licht in den U-Bahn-Waggons kennen lernen. Ab jetzt wird man nämlich mit einem nervenaufreibenden Geräusch und Blinklicht in jeder Station auf das Schließen der Türe aufmerksam gemacht. Bei diesem Licht handelt es sich um ein rot blinkendes Lamperl im Türbereich der Züge, das von einem spätestens ab der dritten Station gewaltfördernden schrillen Biepen unterstützt wird. 

Als ich das erste Mal in einen Lamperl-Waggon einstieg und mich äußerst lässig und doch im Nachhinein betrachtet naiv direkt im Türbereich an die Wand lehnte, zuckte ich beim unvermuteten Blink-Biepen ordentlich zusammen. Mittlerweile kann ich zwar Ruhe bewahren, der Grad an Nervtötung ist allerdings weiterhin sehr hoch. Was hat man sich da nur wieder einfallen lassen? 

Eigentlich bedenklich ist aber, dass es scheinbar notwendig ist, die Menschen noch zusätzlich durch ein derartig nervendes Biep-Geräusch auf das Schließen der Türe aufmerksam zu machen. Scheinbar reichen das meiner Meinung nach relativ eindeutige „Zurückbleiben bitte! Zug fährt ab!“ und die zahlreichen Warnhinweise in den Stationen für den Durchschnitts-Wiener informationstechnisch nicht aus. 

Ich frage mich, ob es wirklich so viele hirnlose U-Bahnnutzer gibt. Aber wenn man bedenkt, dass ja mittlerweile sogar bei einigen Rolltreppen darauf hingewiesen werden muss, den Handlauf nur zum Anhalten und nicht zum Klettern zu benutzen, kann man diese Frage eigentlich nur mit „ja“ beantworten. 

© Eiki