Donnerstag, 6. Januar 2011

Gegrüßt seist du!

Sie kann einem überall begegnen... vor der Haustür, im Büro, ja sogar beim Einkaufen, am Tennisplatz und im Aufzug erst recht. Die Rede ist von der modernen Lautverschiebung, die vor keinem Grußwort Halt macht. Im Anschluss seien nun wichtige Grußformeln beispielhaft angeführt.

„Dere“: Vom einstigen mittlerweile fast historisch klingenden „Habe die Ehre!“ abstammend, war dieser Satz zur Demonstration des Respektes und der Wertschätzung eine landläufige Grußformel. Im Laufe der Jahre wurde die Kurzform „Hawidere“ auch als Ausdruck des Bestürztseins und des Erstaunes gebraucht und hat somit stark von ihrer ursprünglichen Bedeutung verloren. Hieraus entwickelte sich rasant das neu-deutsche „Derää“ (oft in Kombination mit „oida“ und „du heisl“), von dessen Verwendung die Autorin jedoch allenfalls nur abraten kann.

„Jean“: Mit zunehmender Globalisierung und multikultureller Bevölkerung ist auch das Bedürfnis gestiegen, sich im Alltag der Fremdsprachen zu bedienen. Und wo wäre das besser als beim täglich gebrauchten „Auf Wiedersehen!“? In Wien dialektbedingt zunächst aufs weniger elegante und dennoch vor Charme nur so sprühende „Auf Wiedaschaun!“ umformuliert, ging die Entwicklung ganz klar in Richtung Internationalität. Aus „Auf Wiedaschaun!“ wurde „W-Daschaun“, daraus entwickelte sich das vor allem im Einkaufsjargon beliebte „Schaun!“ und schlussendlich, dank einiger postmoderner französischer Lautverschiebungen das frankophon angehauchte „Jean“.

„Scott“: „Scott“ ist für mich die mit Abstand (vor allem in Wien und Umgebung) am häufigsten gebrauchte Grußformel. Früher nur unter Priestern und Nonnen im Umgang, wird man heute sogar beim Dönerstand am Schwedenplatz mit einem freundlichen „Grüß Gott!“ empfangen. Aus Effizienzgründen hat aber vor Jahren eine Untergrundbewegung begonnen, diesen oberflächlich religiös wirkenden Gruß zu verkürzen und Leuten, welche nicht spontan diesem Mode-Hype folgten, mit einem abschätzigen Lächeln zu begegnen. So geschah es, dass aus einem freundlichen und lieb gemeinten „Grüß Gott!“ (alternde Spezialisten zögern den Genuss-Moment noch ein wenig heraus und sprechen sanftmütig „Grüß Sie Gott!“) zunächst ein güsgott, dann ein sgott und schließlich durch Einfluss der amerikanisierten Medien schließlich „scott“ wurde. Achten Sie doch einmal darauf, wie häufig das im angloamerikanischen Bereich sogar als Vorname benützte Wort „Scott“ denn an einem Tag so vorkommt.

Dies seien nur 3 Beispiele aus dem riesigen Haufen der sich laufend verändernden Grußformeln. Persönlich gefallen mir ja die mittlerweile Ur-Alt-Versionen am besten und man kann schon fast allein mit einem wärmenden „ja, grüß Sie Gott!“ mein Herz gewinnen. Aber das muss ja e jeder selbst entscheiden… Jean!

© Eiki