Mittwoch, 9. Februar 2011

Saw VII

Blutspenden tut gut, am meisten tut gut, dass man für jemand anderen was Gutes tut. Aber genug der Wortwiederholungen und Gefühlsduselei - hin zu meinem ganz persönlichen Blutspende-Erlebnis.

Per SMS wurde ich darüber informiert, dass ein Blutspendebus ganz in meiner Nähe Station machen würde und ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Gestärkt mit allerlei Futter, damit ich im Rahmen der Spende ja nicht umkippe, näherte ich mich mit Riesenschritten dem Bus. Die am Weg dorthin am Straßenrand liegende blutige tote Taube ignorierend versuchte ich alle bösen Vorzeichen zu verdrängen und stieg bei der vorderen Tür in den Bus ein.

Mit einem grantigen „Hom’s scho des Formullllaaa ausgfüllt? Füllns zerst des Formullllaaa aus!“ wurde ich von einem weder dem Blutspendepersonal noch den Spendern eindeutig zuordenbaren Mann willkommen geheißen, dessen Aufgabe scheinbar einfach das Sprechen von zwei Sätzen mit Meidlinger L war. Ich schenkte ihm ein „Ihnen auch einen wunderschönen guten Morgen“-Lächeln und machte kehrt um das Formullllaaa auszufüllen. Nach 2-minütigem Suchen war es mir schließlich möglich, den Ort aufzufinden, wo man diese Tätigkeit durchführen konnte. Zwischen Mannerschnitten, aufgerissenem Ankerbrot-Sackerl und Debrezinergeruch füllte ich alles aus, als ich plötzlich eine Damenstimme hinter mir hörte. „Gehn’S fülln’S ma des Formullllaaa a no aus, bittschö.“ Ich drehte mich um und schliff mit der Nasenspitze schon am Zettel, den mir die Dame hinhielt. Es handelte sich dabei um ein „Ich wurde über alles informiert, das Blutspendepersonal ist an nichts schuld und ich bin selber deppat wenn mir was passiert“-Formular, unter welches ich meine Unterschrift setzte. Na dann auf zur Spende!

Wieder zurück im Bus holte der Mann schon Luft um seinen Formulllla-Spruch loszuwerden. Als ich fröhlich mit beiden Zetteln zu flattern begann, verstummte er abrupt und wandte sich angewidert ab. Freunde werden wir wohl keine mehr. Dann ging es auch schon zur Ärztin, welche mir zunächst Fragen zu meiner Gesundheit und meinen bisherigen Blutspendeerfahrungen stellte und mir dann 3 Tropfen Blut aus dem Zeigefinger presste. Mit verschrumpeltem leerem Finger und einem ausreichend hohen Eisengehalt (daran zu scheitern tut am meisten weh!) entließ sie mich in den Spende-Bereich, wo man mich auch schon mit „Grüß Sie, auf welcher Seite wollen’S spenden?“ willkommen hieß. Ich plädierte für den rechten Arm, da dort meine Super-Spender-Vene liegt (falls es eigentlich eine Arterie is: es is mir wurscht, behaltets euer Wissen für euch!), die sich schon oft bewährt hat. Man wies mir ein Bettchen zu und ich musste den Ellbogen frei machen und zunächst eine Zeit ruhig liegen.

Das Warten versüßte ich mir mit dem Beobachten anderer Spender. Ganz hinten im Bus lag eine sehr zierliche junge Dame, die brav Blut in die Konserve pumpte. Gerade als ich kurz vor der Lösung der Frage war, wie viel Prozent ihres Körpergewichtes sie wohl durch die 500ml Blutspende verlieren würde, riss mich eine Krankenschwester in die Realität zurück. „Ham’s scho was gessn?“ „Ja.“ „Worn’S scho moi spendn?“ „Ja, schon 6 Mal!“ „Supa, donn kennan’Se e aus.“ Kurz spielte ich mit dem Gedanken zu fragen, ob das bedeutete, dass ich mich ab jetzt selbst stechen musste, doch da kam schon die Ärtzin. „Frau…“ (schaut am Zettel nach) „….“ (schaut nochmal) „…. Ähm… Wie fühlen Sie sich?“ „Eichberger. Gut. Danke.“ „Haben’s scho was gegessen und getrunken?“ „Ja.“ „Supa, dann geh ma’s an!“ Ich hielt ihr meinen Arm hin und wandte meinen Blick ab um den Einstich nicht sehen zu müssen.

PIIIEKS. AUAAAAAA!!!!!!!!!!! Doch war schon wieder vorbei, alles wird gut. Kurz nach der Erkenntnis sagte die Krankenschwester: „Is scho vorbei.“. Ich fühlte mich bestätigt und pumpte los. Doch plötzlich: RUUMMMS! Ein Riesenbumperer. Die zierliche junge Dame aus dem hinteren Busteil hatte den Gewichtsverlust nach der Spende wohl kreislauftechnisch nicht so gut verkraftet. Ärztin:„Hüf ihr auf!“ Krankenschwester Nr.2: „Moch i. Wos moch ma?“ Ärztin: „Nix moch ma. Wos wüst mochn?“ KS2: „Na waaß ned, wos ma mochn.“ Ä: „Hilegn soi sa se! Oda waaßt wos: Gib ihr Effortil.“ KS2: „Wie vü?“ Ä: „25. Hau’s ihr eine!“ Plötzlich in meine Richtung: „Duan’S gscheid pumpn!!!!“

Mich ertappt fühlend pumpte ich wieder eifrig drauf los, während sich die Ärztin um die umgefallene Patientin kümmerte. Da eilte auch schon die Krankenschwester Nr. 1 daher um mein Pumpen durch einen Monolog zu fördern. „Wissen’S wos? I sog Eana ans jez glei: Blutspenden is ned schlimm! Wonnst a Kind kriagst, donn schreist!“ Ein gequältes Lächeln rauspressend rechnete ich nun mit dem Schlimmsten. Zurecht. „I hob amoi an Fülm gschaut. Do wor a Frau, die hod a Kind kriagt. I denk ma no so: ‚Herst, schiaß es ausse! Des konn jo ned so schlimm sei! Amoi pressn und vorbei is!‘ oba donn… donn hob i söba a Kind kriagt und jez waaß i, wias is! Ned lustig, des sog i dia! Blutspenden is a Schaas dagegen!“ Unsanft wurden die Worte von der zweiten Krankenschwester unterbrochen: „Herst, dera an geht’s wirkli ned guad… de bliat urnlich!“

Meinen von diversen Geburtsvorstellungen und verblutenden Patienten aufkommenden Würgreiz unterdrückend, pumpte ich hastig weiter und war heilfroh, als der Schlauch und die Nadel endlich aus meinem Arm draußen waren. Zusammenbruchfrei schaffte ich es zurück in den Debreziner-Raum, wo auch schon die junge Dame mit blutigem Pullover und dicker Arm-Bandage gerade das dritte Packerl Mannerschnitten einwarf.

Am Rückweg nochmal vorbei an der toten Taube fühlte ich mich trotzdem gut, dass ich gespendet hatte. Ja, gut fühlte ich mich. …. Gut, ich fühlte mich okay. …Okay, ich fühlte mich scheiße. Scheiße, mir war einfach nur schlecht!!!

© Eiki