Dienstag, 1. November 2011

Es weihnachtet sehr

Gut, Halloween ist vorbei und mit ihm verschwinden Kürbisse und Süßigkeiten-Specials wieder aus den Regalen. Die dicken Kinder sind aufgrund der tendentiell einseitig beantworteten Frage „Süßes oder Saures“ noch dicker und die Erwachsenen konnten ihren Kleidungsfetisch zumindest einen Tag öffentlich ausleben, ohne belächelt zu werden. Ja, sogar die Bewohner meiner Stiege haben begriffen, dass ausgeleerte Milch im Aufzug zwar ganz schön gruslig ist und ziemlich gespenstisch feut, man aber nun nach Ende dieses kommerziellen Festes die mittlerweile nicht mehr als Milch identifizierbare Masse entfernen könnte.

Das und mehr lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Leute, es ist Weihnachten. Leichtsinnig mag der rationale Leser dies mit Blick auf den Kalender kopfschüttelnd abtun, bei genauerer Betrachtung der äußeren Umstände muss aber auch er sich eingestehen, dass wir gefühlsmäßig eigentlich schon mindestens die dritte Kerze am Adventkranz hätten anzünden müssen:  

Seit ungefähr sieben Wochen kann der freudvolle Konsument in diversen Supermärkten bereits seine Gier nach Weihnachtskeksen stillen. Bei den ersten 4 Einkäufen schafft er es noch mit einem verständnislosen Seufzen an den Kekserln vorbei, spätestens beim ersten Lebkuchen-Mega-Pack-Sonderangebot findet aber auch die weihnachtsresistenteste Person plötzlich eine 5kg-Packung im Wagerl.

Dankenswerterweise kann man mittlerweile nun auch wählen, ob man lieber Lebkuchen als Herzchen oder Sternchen oder gar als Brezerl haben möchte. Ob es dem Magen nicht eigentlich ziemlich wurscht ist, welche Form der ihm zugelieferte Brei zuvor hatte, sei dahingestellt.

Doch das ist noch lang nicht alles! Aus banaler Alpenmilch-Schokolade wird „Weihnachtsalpenmilch-Schokolade“, der Kräutertee wird in Nullkommanichts zum „Tee aus Adventkräutern“ und auch in der Obstabteilung ist man vor Weihnachtsäpfeln und Adventgemüsemischungen nicht gefeit. Übrigens spiegelt sich die Verwendung der Worte „Weihnacht“ und „Advent“ im Preisniveau wider, aber wer ist Ende Oktober nicht gerne bereit, die Weihnachtsstimmung mit einem delikaten Aufpreis zu erwerben? Auch ich erwischte mich diese Woche beim Kauf von „Weihnachtsingwer“, konnte den Fehltritt jedoch noch vor dem Bezahlen rückgängig machen.

Wird diese Verweihnachtung dann noch durch entsprechende Dekoration mit weihnachtlichen Staubfängern und eine lautes „Last Christmas“-Geträller aus dem Shop-Radio unterstrichen, so bleiben eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten:

Eins: Sie kämpfen weiter dagegen an, vergraben sich am besten zuhause und können nicht mal da sicher gehen, keine Weihnachtsspecials in TV und Radio zu erleben oder von der leicht Rotlichtmilieu-ähnlichen Weihnachtsbeleuchtung der Nachbarn in Extase versetzt zu werden.

Zwei: Sie essen Kekse (in ihrer Lieblingsform), erwerben sinnlose und überteuerte Weihnachtsdeko und hören mit einer großen Tasse „Weihnachtszauber“-Tee ihre Lieblingsweihnachtshits. Oder aber sie machen es wie die aktivere Hälfte der Österreicher und gehen dick eingepackt raus, essen 4kg Maroni und frönen der äußerst beliebten Tätigkeit sich öffentlich mit Punsch auf Weihnachtsmärkten die Kantn zu geben.

Ich wär echt gern stark und weihnachtsresistent. Aber verdammt… Gerade eben hab auch ich in einen Herzlebkuchen gebissen.

© Eiki