Donnerstag, 1. Dezember 2011

Schleudertrauma

Vermeintlich zwar nicht als Reaktion auf meinen letzten Blogeintrag zum Thema „Bis zum Anschlag aufgedrehte Heizung in öffentlichen Verkehrsmitteln“, aber immerhin als Geste des guten Willens, preisen die Wiener Linien nun auf der Homepage die Funktion des Wunschzettels an das Christkind an. Diese Funktion ruft Kunden dazu auf, einen Brief ans Öffi-Christkind zu schreiben, in dem man Wünsche, Verbesserungsvorschläge und Anliegen mitteilen kann.
Kurz habe ich mit dem Gedanken gespielt, einfach nur einen Link zu meinen mittlerweile an Zahl kaum mehr überblickbaren Blogeinträgen zu den Wiener Linien zu schicken. Dies würde aber ein humorvolles Öffi-Christkind voraussetzen, wovon nicht zwingend ausgegangen werden kann. Nicht umsetzbar schien mir auch der tiefe Wunsch, man möge doch in der U6 statt einer Fahrscheinkontrolle eine Dodel-Kontrolle durchführen – überfüllte Züge würden hier zweifellos der Vergangenheit angehören. Man munkelt, manche Stationen könnten sogar gänzlich aus dem Fahrplan gestrichen werden.
Einen Wunsch genehmige ich mir aber doch:
Liebes Öffi-Christkind,
zu Weihnachten wünsche ich mir, dass bitte sämtliche Fahrer der Wiener Linien nicht länger das dringende Bedürfnis haben, durch abrupte Änderung der Fahrgeschwindigkeit ihre Fahrgäste durchzubeuteln.
Vielleicht siehst du das anders, liebes Christkind, aber ich halte es nicht für notwendig, vor jeder Station nochmal anzugasen um dann mit einer Vollbremsung zum Stehen zu kommen. Möglichweise handelt es sich dabei um ein lustiges Öffi-Chauffeur-Spiel, dessen Sinn mir bisher verborgen blieb, dennoch habe ich keine Lust bei der Heimfahrt von der Arbeit hin und her geschüttelt zu werden wie eine Irre und in jeder Station um Gnade zu flehen.
Zu höher frequentierten Fahrzeiten kämpfe ich dann teilweise mit dem Überleben und hoffe, meine zertretenen Zehen und meinen von Remplern aller Art von blauen Flecken übersäten Körper irgendwie ins Freie zu retten. Besonders arm sind die Personen, die leider nur eine Halte-Schlaufe ergattern konnten und dann völlig hilflos der Fahrweise ausgesetzt dahinbaumeln, Adrenalin-Kick inklusive. Hochschaubahn ist ein Schaas dagegen.
In den neuen ULF-Straßenbahnen (ULF bedeutet hier Ultra Low Floor und nicht, dass die Bim männlich ist und vermutlich aus Deutschland stammt) kommt man besonders in den ergonomisch nicht ganz nachvollziehbar geformten Steh-Bereichen zwischen den Sitzabteilen in den Genuss der Straßen-Achterbahn. Dass es nicht einmal zumindest eine Straßenbahnlinie 8 - quasi 8er-Bahn - gibt, löst bei mir nachdenkliche Verwunderung aus.
Keine Grenzen sind dem Rowdy-Tum aber bei den Busfahrern gesetzt, da diese ja auch noch lenken dürfen! Oftmals schon habe ich in Bussen imaginär an Formel 1-Rennen teilgenommen und nicht selten Platz 1 belegt. Der feierlichen Pokalübergabe, die vermutlich an der Endstation stattfindet, habe ich aber noch nie beiwohnen dürfen.
Und da wir schon beim Thema sind: lieber Fahrer des 51A! Es mag vielleicht ein Schock für dich sein, aber du musst kein Rennen gewinnen! Deine Rallye-Begabung ist mir und vermutlich auch den meisten anderen Fahrgästen nicht verborgen geblieben, dennoch würde ich dich bitten, mich nicht in jeder Kurve zum Unterdrücken meines Würgreizes zu zwingen. Wenn du das dringende Bedürfnis haben solltest, sämtliche Autos aus dem Rennen zu werfen um als Erster bei der Endstation anzukommen, wünsch dir bitte zu Weihnachten irgendein Formel 1-Spiel. Die Einzigen, die während deiner Fahrt irgendwas gewinnen sind deine Fahrgäste. Und zwar die Erkenntnis, dass wenn das Öffi-Christkind da nicht helfen kann, man die Route gleich zum Zentralfriedhof verlängern sollte.
© Eiki