Dienstag, 25. Oktober 2011

Postkastl Geständnisse

Unter dem Leitsatz „ein bisserl Altpapier runtertragen hat noch niemandem geschadet“ erfreue ich mich fast tagtäglich zahlreicher wertbefreiter Gratiszeitungen und Informationsmaterialien, welche mutig das „bitte kein Werbematerial“-Schild passieren. Auch das an der Tür angebrachte Schild wird laufend dezent ignoriert und vom  dick gefüllten Prospekt-Sackerl an der Schnalle belächelt. 

Meine Vermutung, dass es erst durch das Aufkleben des „Bitte-keine-Werbung“-Schildes nach dem Motto „von der lass ich mir nix sagen!“ zu einem besonderen Anreiz für den Postler kam, Werbematerial in meinem Postkastl anzuhäufen, bestätigt sich immer wieder. Auch erhalte ich alle paar Tage einen neuen Pizza-Bestell-Folder. Interessanterweise handelt es sich fast immer um eine neue Pizzaria, was den Gedanken aufwirft, dass Wien eigentlich gar nicht so viel Pizza dafressen kann, wie allein mir in meiner Post angeboten wird.

Aber wie dem auch sei, all das kann ich problemlos verkraften. Letzte Woche war es allerdings endgültig vorbei: ich bekam Werbematerial von der FPÖ… 

Begründet durch die Tatsache, dass ich mich noch eher zur Zielgruppe der „Viagra-Sonderangebot“-Werbung von vor zwei Wochen zähle, als zur Zielgruppe der FPÖ, wollte ich mich zeitnahe des peinlichen freiheitlichen Schundes entledigen. Mit zwischen zwei pinzettenartigen Fingern eingeklemmter FPÖ-Werbung eilte ich naserümpfend Richtung Altpapier, als mir plötzlich auffiel, dass da doch tatsächlich auf dem Heftl meine Adresse draufstand! 

Viele Fragen schossen mir plötzlich durch den Kopf. War es tatsächlich möglich, dass die freiheitliche Partei meine Adresse kannte? Womit hatte ich das verdient? Oder unterlag ich gar einem Irrtum und FP stand in diesem Fall für „Falsche Postadresse“ und man meinte gar nicht mich? Und was wird in Zukunft an blauem WC-Papier auf mich zukommen?

Leider stimmte einfach alles an meiner Adresse,  ja sogar meinen Titel kannten sie! Rasch stellte ich jedoch fest, dass auf der Adresse mein Titel dankenswerterweise bei der Straße angefügt war und nicht bei meinem Namen. Oder aber ich bewege mich selbst auf Glatteis und die Hütteldorfer Straße hat neuerdings einen Bachelor of Science, was ich allerdings nicht annehme. 

Einerseits lässt dieses Titelproblem auf den hohen Intellekt der Absender schließen. Auf der anderen Seite darf interpretiert werden, dass die FPÖ durch Weglassen von Titeln bei Namen scheinbar davon ausgeht, dass die Personen, die sie als potentielle Wähler identifiziert hat und mit persönlich adressierter Post beglücken möchte, keinesfalls einen Titel haben können. Ein guter Gedanke, denn der Abschluss eines Studiums setzt ja (bis auf wenige Ausnahmen) zumindest ein Mindestmaß an Intelligenz voraus und sollte damit folgerichtig auch das Wählen der freiheitlichen Partei ausschließen…

Wie selbige mir ideologisch unendliche weit entfernte Partei aber nun tatsächlich zu meiner Adresse kam, ist mir völlig unerklärlich. Da mein Titel nur meinen bisherigen Bildungseinrichtungen bekannt ist, muss ich also davon ausgehen, dass irgendwelche Waachbirnen an der WU oder der FH Wien tatsächlich persönliche Daten der Studenten an politische Parteien weitergeben. Was außer erschreckend noch ziemlich unfasslich ist. 

Ach und übrigens: Meine Email an die Postversender bei der FPÖ mit der Frage, woher sie bitte meine Daten haben – eine Information, die sie mir eigentlich geben müssten – blieb unbeantwortet. Experten munkeln nun, dass Mitarbeiter dieser Partei vielleicht gar nicht wirklich lesen können. 

Schade… zu gerne hätte ich ihnen diesen Blogeintrag geschickt.

© Eiki